Serie – Psychologie im Alltag – Nr. 2: Ehe gut, alles gut…

“Es ist das Geheimnis einer guten Ehe, dass einer Serienaufführung immer wieder Premierenstimmung gegeben wird.” Einige von uns schmunzeln über diese berühmte Aussage des bekannten deutsch-französischen Film-, Theater- und Hörspielregisseurs Max Ophüls ein wenig, andere denken über den Sinn eines Ehebündnisses tiefer nach. Diplom-Psychologin und Sellawie-Redakteurin Natalie Wintermantel (Schander Coaching Frankfurt) wirft einen Blick hinter das Geheimnis einer funktionierenden Ehe.

Gleicht eine Ehe in der Tat einer Serienaufführung? Natürlich wünschen sich die meisten Menschen bei der Eheschließung eine möglichst lebenslang andauernde, voller Liebe erfüllte Ehe. Am Hochzeitstag gebührt der Romantik jedenfalls alle Ehre. Im Alltag (wenn die Feierlichkeiten vorüber sind), sollte man sich mit der Liebe ein wenig differenzierter auseinander setzen. Dies kann u. a. bedeuten, ein paar von den vorhandenen Illusionen im Bezug auf die Ehe abzulegen.

Eine Ehe einzugehen, heißt nach allgemeinem gesellschaftlichen Verständnis, sich öffentlich zum Partner zu bekennen. Dies bedeutet dann gleichzeitig für meine Betrachtungsweise, sich zu seinen/ihren positiven und negativen Charaktereigenschaften zu bekennen. Das Wort “bekennen” enthält das kleine Wörtchen “kennen”. Möglicherweise wären die meisten Scheidungen überflüssig, wenn die Menschen vor der Eheschließung sich nicht nur mit den romantischen Fakten, sondern auch mit den weniger starken Seiten des Partners auseinandersetzen und diese annehmen oder vielleicht sogar lieben lernen würden.

In den meisten Beziehungen (ob innerhalb oder außerhalb der Ehe) gibt es Bereiche, die wunderbar miteinander harmonieren und es gibt Stellen, an denen die Unterschiede der Partner deutlich werden. Im Ehe-Alltag gibt es ab und zu gewisse Reibungen und Konflikt-Situationen, weil diese zu Beziehungen unter Menschen und zum Leben und zur Liebe einfach dazu gehören. Das ist eine unabwendbare Tatsache. Hier stimme ich voll und ganz Johann Wolfgang von Goethe zu, welcher sagte: “Im Ehestand muss man sich hin und wieder streiten, sonst erfährt man ja nichts voneinander!”

Die Vollblutromantiker unter uns verstehen unter dem Begriff „Liebe“ alles Schöne, Reine, Sinnliche, Sinnhafte und pure Harmonie… Aber Liebe bedeutet mehr! Liebe ist Leben! Und deswegen gehören auch die weniger angenehmen Seiten genauso zur Liebe/Ehe dazu, wie die wunderschönen, besonderen, unvergesslichen Momente. Einer dieser einmaligen Momente im Leben ist sicherlich der traditionelle Eheringetausch. Die Eheringe werden zum Sinnbild für die Verbindung zwischen zwei Menschen, die trotz ihrer Unterschiede auch immer wieder das Gemeinsame hervorheben.

An dieser Stelle möchte ich einige Ausführungen im Bezug auf die Ehe von Anne Morrow Lindbergh – der Ehefrau des berühmten Atlantik-Fliegers – aus dem Buch “Muscheln in meiner Hand” anführen:

“Wenn man jemanden liebt, so liebt man ihn nicht die ganze Zeit, nicht Stunde um Stunde auf die gleiche Weise. Das ist unmöglich. Es wäre sogar eine Lüge, wollte man diesen Eindruck erwecken. Und doch ist es genau das, was die meisten von uns fordern. Wir haben so wenig Vertrauen in die Gezeiten des Lebens, der Liebe, der Beziehungen. Wir jubeln der steigenden Flut entgegen und wehren uns erschrocken gegen die Ebbe. Wir haben Angst, sie würde nie zurückkehren. Wir verlangen Beständigkeit, Haltbarkeit und Fortdauer; und die einzig mögliche Fortdauer des Lebens wie der Liebe liegt im Wachstum, im täglichen Auf und Ab – in der Freiheit; einer Freiheit im Sinne von Tänzern, die sich kaum berühren und doch Partner in der gleichen Bewegung sind.”

Wie Sie wissen, besteht eine TV-Serie aus mehreren Episoden. Und tatsächlich hängt es oft von uns selbst ab, wie glücklich, romantisch, komisch oder dramatisch die Ehe-Episoden werden.

Ich danke für die Aufmerksamkeit und würde mich über Ihre Kommentare sehr freuen. Bis zum nächsten Mal hier bei „sellawie“.

Herzliche Grüße

Natalie Wintermantel
Diplom-Psychologin, Coach & Dozentin

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