Die Frankfurter Innenstadt mit ihren Hochhäusern liegt hinter mir – ich kämpfe mich durch den Feierabendverkehr und werde ins Ostend der Stadt gespült, vorbei am neuen Tower der Europäischen Zentralbank. Hier brennt in nahezu allen Büros das Licht, denn nicht weniger als 20 000 Kartons werden durch LKWs vom Euro-Tower am Willy-Brandt-Platz in das neue 40 Geschosse zählende EZB-Gelände an der Sonnemannstraße bewegt, um insgesamt 2600 Mitarbeitern den Umzug an den neuen Arbeitsplatz zu erleichtern. Stress und Unruhe liegen in der Luft und ich kann meinen Termin im Medusen Float in der Hanauer Landstraße 187 kaum erwarten.

Etwa eine Woche ist es her, als mir Geschäftsführerin Sandra Haase am Telefon einen Termin zum Floaten gibt und kurz auf die Basics eingeht. Schließlich bin ich vollkommen ahnungslos, was mich genau erwarten wird. Bereits auf der Homepage www.medusenfloat.de konnte ich lesen, dass ich ein Gefühl der Schwerelosigkeit und totalen Entspannung erfahren werde. Also genau das Richtige nach einer knallharten Arbeitswoche.

Medusen Float Eingang © Marcus Kapust
Medusen Float Eingang © Marcus Kapust

Schon am Eingang des Schwebebads inmitten der starkfrequentierten und wichtigsten östlichen Ausfallstraße in Frankfurt am Main wird mir schlagartig klar, dass hier ein Ort der Erholung ist. Sandra Haase, die das Medusen Float gemeinsam mit ihrem Mann Michael und ihrer Schwester Nina Kostresevic betreibt, empfängt mich und zeigt mir den überaus großzügig angebrachten Empfangsbereich. Bei einem Mineralwasser erklärt Sie mir nochmals die Vorzüge des floatens. Nicht nur die Stressreduzierung und eine anhaltende Stressresistenz in den kommenden Tagen wird beim floaten erzielt, es soll sogar die Konzentrationsfähigkeit, Kreativität und Produktivität steigern. Daneben werden durch den Schwebezustand die Wirbelsäule, die Muskulatur und die Gelenke entlastet und hartnäckige Verspannungen gelöst – also ist diese Form von Wellness auch eine Option bei Bandscheibenvorfällen und Hexenschüssen. Zusätzlich stellen Solebäder die Basis vieler Kursysteme, wie zum Beispiel dem Toten Meer, dar. Sie dienen nicht nur der kosmetischen Pflege der Haut, sondern wirken sich positiv auf das Herz-Kreislaufsystem, den Stoffwechsel, die hormonalen Funktionen sowie die Nieren und die Muskulatur aus.

Medusen Float Empfang © Marcus Kapust
Medusen Float Empfang © Marcus Kapust

Ich bekomme ein paar Badeschlappen, ein Handtuch und einen Bademantel. Nach dem Entkleiden der Straßenschuhe zeigt mir die überaus sympathische Floating-Spezialistin die derzeit 235 qm große Wellnessoase. Durch einen raffinierten Zeitplan werden Gäste der Medusen Float so gesteuert, dass diese nicht aufeinandertreffen. Man hat also das Gefühl, vollkommen für sich oder mit seinem Partner zu sein. Der gesamte Wellnessbereich ist geschmackvoll dekoriert und mit etwa 35 Grad sehr angenehm temperiert. Bekleidet mit einem Bademantel verlasse ich meinen persönlichen Umkleideraum und betrete den Ort des eigentlichen Geschehens – meine Oase der Ruhe. Nach einer Regenwalddusche (auch für Duschequipment ist bereits gesorgt) möchte ich mich nun voller Erwartung dieser neuen Erfahrung hingeben. Routinierten Floatern wird hier sehr schnell einer der Unterschiede zu anderen Wettbewerbern deutlich, denn was man vorfindet ist nicht etwa ein verschließbarer Tank voll Flüssigkeit, der förmlich nach Platzangst schreit, sondern ein Becken, dass von der Größe neben dem Einzelfloaten auch das Pärchenfloaten zulässt. Bei diesem Reservoirsystem wird die komplette Starksolefüllung in einem externen Behälter vorgehalten, gefiltert sowie gereinigt und bei Bedarf in das Floating-Becken gepumpt. Dieser Ansatz erlaub eine hohe Wasserqualität, was durch stetige Kontrollen der regionalen Gewerbebehörden kontrolliert wird.

Medusen Float Becken © Marcus Kapust
Medusen Float Becken © Marcus Kapust

Das Floating-Becken ist mit Salzwasser gefüllt und entspricht mit einer Temperatur von ca. 35,4 Grad der Außentemperatur der Haut. Neben einem Notknopf befinden sich drei weitere Knöpfe, mit denen man die Lautstärke der wirklich sinnlichen Musik einstellen sowie die zarte Beckenbeleuchtung bedienen kann, in Reichweite. Sollte keine Musik oder Lichttherapie gewünscht sein, lässt sich diese ausschalten. Diese Sinnesreizreduktion ermöglicht neben der physiologischen Entspannung auch eine innere, mentale Ruhe, da das Nervensystem und Gehirn nicht mehr durch externe Sinnesreize angeregt wird. Gerade Gäste, die zum ersten Mal Floaten empfinden jedoch gedimmtes Licht und Musik als beruhigend.

Ich lasse mich auf das Floaten ein und treibe an der Oberfläche der nahezu gesättigten Lösung aus Wasser und Salz. Die hohe Konzentration des Salzes gibt meinem Körper so viel Auftrieb, dass er frei und ohne jede Form der Atemtechnik oder Muskelkontraktion auf dem Wasser schwimmt. Damit ist der Zustand der Schwerelosigkeit und die damit verbundene anhaltende Entspannung aller Muskelgruppen hergestellt. Um den Kopf anfänglich zu stützen, lege ich beide Hände in den Nacken und lausche den Klängen der sanften Musik. Bereits nach kurzer Zeit gebe ich mich der Entspannung hin und strecke beide Arme von mir. Ein Hauch von Ewigkeit, absoluten Genuss und tiefen Frieden umgibt mich. Ich lasse den Kopf hängen und tauche bis zum Rand des Gesichts ins Wasser. Durch die an die Haut angepasste Wasser- und Raumtemperatur nehme ich nicht mehr wahr, dass mein Körper im Wasser schwebt. Eine seelische Ruhe schleicht sich bei mir ein. Ich liege einfach nur noch da, ohne etwas für den Schwebezustand tun zu müssen. Mit jeder Minute wird der Kopf leiser und die Gefühle ruhiger. Jeder Muskel in mir begreift, dass er wirklich nur noch loslassen muss. Mein Körper befreit sich völlig von seinem Gewicht, Schwerelosigkeit erfüllt meinen Raum. Störende Gedanken haben plötzlich keine Chance mehr. Der erhöhten Endorphin-Ausschüttung folgt ein gesteigertes Wohlbefinden.

Medusen Float Becken © Marcus Kapust
Medusen Float Becken © Marcus Kapust

Nach einer dreiviertel Stunde werde ich durch ein langsames Abfließen des Wassers „geweckt” und gleite sanft auf den Beckenboden. Ich fühle mich wie neu geboren. Ich bedauere, dass die Zeit so schnell vorüberging, wo doch draußen die wirkliche Welt auf mich wartet. Doch wer nun glaubt, dass der Floater unmittelbar den Rückweg in den Alltag finden muss, der irrt. Denn dafür hat sich das Medusen-Float-Team etwas ganz besonderes einfallen lassen: Das Beach Cabaña! Das ist ein Ruheraum der besonderen Art. Auf einer Strandliege im feinen Sand entspanne ich von der totalen Entspannung. Mit einer Kuscheldecke kehre ich unter einer künstlichen Sonne, bei sanfter Musik und einem Glas Mineralwasser langsam in die Wirklichkeit zurück – so wie ich sie für kurze Zeit verlassen hatte.

Medusen Float Meeresklimakabine © Marcus Kapust
Medusen Float Meeresklimakabine © Marcus Kapust

„Unser Kundenstamm ist vom 16jährigen bis zum 80jährigen breit gefächert“, erklärt Michael Haase. „Handwerker und Altenpfleger, die ihrem Körper eine Auszeit gönnen möchten, gehören ebenso zu unseren regelmäßigen Kunden wie Studenten, Künstler oder Geschäftsmänner, die ihre Kreativität und Konzentrationsfähigkeit steigern wollen. Auch Pensionierte gehören zu unseren Stammgästen.“ Das liegt daran, dass dieser „Kurzurlaub“ absolut bezahlbar ist. So kann man im Medusen Float bereits für 59 Euro alleine oder für 79 Euro zu Zweit 45 Minuten floaten. Die Wellnessanlage wird seit über 4 Jahren betrieben und soll künftig sogar noch ausgebaut werden. „Wir haben an diesem Standort das Potential, uns stark zu vergrößern. Neben der bereits bestehenden Meeresklimakabine, in der Sauerstoff und trockener Solenebel aus einem Ultraschallvernebler versprüht werden, wird aktuell der Massage- und künftig auch der Floatingbereich erweitert“, so Sandra Haase.

Mittlerweile gibt es in Deutschland Floating-Studios in beinahe jeder größeren Stadt. Aber auch weltweit nimmt die Anzahl zu. Auch auf Herstellerseite hat sich der Markt in den letzten Jahren stark erweitert, hier ist eine Konzentration in Europa zu erkennen.

Entwickelt wurde das Floaten in den fünfziger Jahren. Hierbei wollte der Gehirnforscher John C. Lilly herausfinden, was passiert, wenn die Sinneswahrnehmung gezielt entzogen wird und baute dafür den ersten Floating-Tank. Letztlich bewies er, dass bei einer sensorischen Deprivation – also dem Entzug von sensorischen Reizen – das Gehirn weiterarbeitet und nicht etwa in einen Tiefschlaf fällt, sondern bezogen auf die Gehirnwellenfrequenz ein Zustand zwischen Wachsein und Schlafen geschaffen wird.

Ich mache mich wieder auf den Heimweg, vorbei am neuen Gebäude der Europäischen Zentralbank. Was vorher noch wie Stress auf mich wirkte, tangiert mich nun lediglich peripher. Die vielen Lichter in dem noch unbewohnten Bürohochhaus wirken wie ein hellerleuchteter Tannenbaum. Vielleicht verschenke ich zur Weihnachtszeit einen Gutschein zum Floaten?

Was wird wohl passieren, wenn sich das Medusen Float erst mal bei den EZB-Bankern herumgesprochen hat? Egal, bis dahin finde ich sicherlich wieder Zeit, den ein oder anderen Wellness-Termin wahrzunehmen und durch die Ruhe zu schweben.

Marcus Kapust