Bis vor knapp drei Jahren zählte Waldbronn noch zur kulinarischen Diaspora. Der Kurort vor den Toren Karlsruhes machte allenfalls mit seiner Albtherme auf sich aufmerksam. Die Wende kam im April 2014, als sich Cédric und Stephanie Schwitzer ihren lange gehegten Wunsch erfüllten und ihr eigenes Hotel eröffneten: Schwitzer’s Hotel am Park – ein moderner Neubau mit 20 Zimmern und Suiten mit schönem Blick über den Kurpark.

Ein Gourmetrestaurant durfte nicht fehlen, schließlich wirkte der gebürtige Lothringer zuvor zehn Jahre lang im Baiersbronner Dreisterne-Restaurant Bareiss, wo er mit 26 Jahren zum Souschef von Claus-Peter Lumpp avancierte. Stephanie war im Schwarzwald als stellvertretende Restaurantleiterin tätig. Dem Wechsel nach Waldbronn folgte ein Einstand nach Maß. Gleich in den ersten Monaten seiner Selbstständigkeit erkochte sich Cédric Schwitzer einen Michelin-Stern, der Gault Millau kürte ihn gar zur „Entdeckung des Jahres“.

Die Nachfrage ist so hoch, dass das gleichnamige Restaurant nicht nur von Montag bis Sonntag, sondern auch am Nachmittag seine große Glastür öffnet – die kulinarische Diaspora ist längst zum Mekka für Genießer geworden.

Cédric Schwitzer ist ein Mann der leisen Töne, im Mittelpunkt stehen ist seine Sache nicht. So bleibt er auch nach dem Ende des Menüs lieber in der Küche, statt die Gäste am Tisch zu begrüßen. Auch in Waldbronn möchte er am liebsten unerkannt bleiben. Der 38-Jährige und seine Frau Stephanie sind wie füreinander geschaffen. Kennengelernt haben sie sich bei der Arbeit in der Luxusherberge Villa Hammerschmiede im nahegelegenen Pfinztal. Es folgten die gemeinsamen Jahre in Baiersbronn – eine prägende Zeit für das Paar, das sich voller Hingabe der Gastronomie verschrieben hat.

Sie durften erleben, wie das Bareiss von der Zwei- in die Drei-Sterne-Liga und damit zu einem der zehn besten Restaurants der Republik aufstieg. 2010 heirateten sie, die Hochzeit gestaltete Johannes Rupp, der heute Dritter im Bunde ist, wenn es um die Geschäftsführung im Hotel Schwitzer’s am Park geht. Das Trio begegnete sich erstmals im Jahr 2002 in der Villa Hammerschmiede, als Stephanie noch ihren Mädchennamen Bosch trug.

In ihrem eigenen Reich ergänzen sich der Hotel-Betriebswirt, die Restaurant-Fachfrau und der Sternekoch zu einem kongenialen Team. So überrascht es kaum, dass die Drei im Mai vergangenen Jahres im unmittelbar neben ihrem Hotel gelegenen Waldbronner Kurhaus eine Brasserie eröffneten. Bedenken, Gäste vom Gourmetrestaurant zu verlieren, hatten sie nicht. Mutig, wenn man sich vor Augen hält, dass viele Vertreter der Haute Cuisine froh sind, eine schwarze Null zu schreiben. Doch derlei Sorgen gibt es im Hause Schwitzer nicht. Im Gegenteil: Das Geschäft brummt.

Schon nach einem knappen Jahr hat sich die Brasserie als trendiges Zweitrestaurant etabliert. Dazu tragen neben dem jungen, engagierten Team vor allem die leger-moderne Atmosphäre und das exzellente Preis-Leistungs-Verhältnis bei. Wer beispielsweise die „kleine“ Portion des formidablen Freiland-Salates mit Crevetten, gebratenen Garnelen und Mango-Chilimarmelade für 14 Euro bestellt, muss viel Hunger mitbringen, wenn weitere Schmankerl folgen sollen. Fein mit Safran abgeschmeckt kommt die Provenzalische Edelfisch-Bouillabaisse in die Schale. Auf Wunsch gibt es einen Nachschlag. Der marinierte Tatar vom Nordschwarzwälder Weiderind wird mit Portweinfeigen gereicht. Wer eine Brasserie mit französischem Savoir-manger verbindet, kommt bei Flammkuchen, Coq au Vin und Croque Monsieur auf seine Kosten. Apropos: Gutes für wenig Geld gibt es von Mittwoch bis Freitag zwischen 11.30 und 14.30: Die „Plat du Jour“ umfasst drei Gänge inklusive Wasser und Espresso und kostet 19 Euro.

Unbedingt zu empfehlen ist der Kaffee aus dem Hause Herzog. Coffeologe Sven Herzog hat seine Rösterei direkt über der Brassierie angesiedelt und bietet neben seinen erlesenen Kaffee-Kreationen auch Degustationen, Barista-Kurse und exklusives Kaffee-Catering an. Genießer können sich ihren maßgeschneiderten Kaffee kreieren lassen: Von der eigenen Parzelle, mit individuellem Röstprofil und dem eigenen Logo auf dem Kaffeesack. Der Selbstversuch zeigt eindeutig: Nespresso, Dallmayr & Co. muten gegen Herzog-Kaffee wie aufgewärmte Asche an.

Die Krönung des „Brasserie versus Sterneküche“ genannten Arrangements ist freilich der Besuch des Schwitzer’schen Gourmetrestaurants. Der Matador der Herde selbst charakterisiert seine Kompositionen als „klassisch mit modernen Elementen.“ Im Vordergrund steht klar das Produkt, das nicht zwangsläufig aus der Region kommen muss. Wichtiger ist die Qualität. Manierismen sind Schwitzer fremd, vielmehr trägt Harmonie statt ausgetüfteltem Minimalismus seine Handschrift. Als ersten Küchengruß schickt er ein gebackenes Wachtelei mit Panko und Soja, ein Törtchen von römischer Nocke mit Mimolette sowie ein Knusperkissen mit vegetarischer Flammkuchencrème – ein sehr feines Dreierlei in klarer Aromensprache.

Der perfekt auf den Punkt gegarte schwarze Seehecht hat den weiten Weg aus der Antarktis ebenso festfleischig wie geschmacksintensiv überstanden und wird dank asiatischer Aromen, Miso und Zitrus zum spannungsvollen Tellerkunstwerk nobilitiert.

Gleichermaßen ein gekonntes Spiel der Geschmacksnuancen wie eine Augenweide ist der perfekte gebratene Kaisergranat mit Biokarotten, Ingwer und Kokos. Klassisch präsentieren sich die gebratene Brust und die konfierte Keule von der französischen Wachtel mit Périgord-Trüffel.

Hier geht es nicht um verschnörkeltes Chichi, sondern um die schlichte Schönheit des Aromas. Pâtissier Felix Ulrich zeigt mit seiner virtuosen Variation von Valrhona-Schokolade mit Bananen, dass er sein Handwerk bei Dreisternekoch Joachim Wissler im Grand Hotel Schloss Bensberg verfeinert hat.

Die glasweise Weinbegleitung des Menüs ist uneingeschränkt zu empfehlen. Liebevoll erklärt und treffsicher ist die Auswahl von Commis Sommelier Felix Daferner. 300 Positionen finden sich auf der Weinkarte, der Schwerpunkt liegt auf heimischen Gewächsen, vorzugsweise aus Baden. Die überaus fairen Preise sind ein Teil der Philosophie des Hauses. Stephanie Schwitzer ist als warmherzige Gastgeberin die perfekte Ergänzung im Service und bewirkt mit ihrem motivierten Team einen hohen Wohlfühlfaktor.