Beim Rheingau Gourmet & Wein Festival verzauberten Drei-Sterne-Koch Sven Elverfeld und das ruhmreiche Weinanbaugebiet in Nordspanien die Gäste.

Mit 388 Millionen verkauften Flaschen haben die Rioja-Winzer so viel Wein verkauft wie nie zuvor. „Tasting Rioja“, lautete denn auch das Motto der nachmittäglichen Probe im Weingutsgewölbe der Georg-Müller-Stiftung in Eltville-Hattenheim. Moderiert wurde sie von David Schwarzwälder, einem der bekanntesten und wohl besten deutschsprachigen Kenner der iberischen Weinszene. Der gebürtige Karlsruher schreibt eine wöchentliche Kolumne in der zweitgrößten spanischen Tageszeitung El Mundo und ist Chefverkoster für den Weinführer Kastilien und Leon. Als erster Nicht-Iberer wurde er mit dem „Nariz de Oro“ (Goldnase) gekürt, der als wichtigster Preis der Zunft in der spanischsprachigen Welt gilt. Im Brockhaus hat er die Verantwortung für die Weine Portugals und Spaniens, an der Fachhochschule Geisenheim ist er Dozent für iberische Rebsäfte.

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Ob postmodern oder traditionalistisch, im Beton ausgebaut oder in unterschiedlichen Holzfässern, sortenrein oder cuvetiert: zwölf unterschiedliche Weine hat er mitgebracht, die die ganze Bandbreite der Rioja-Erzeugnisse in Nase und Gaumen bringen. Kurzweilig und mit immensem Hintergrundwissen führt Schwarzwälder in das Geschehen am oberen Ebro ein. Dass es auch hervorragende Weißweine in La Rioja gibt, zeigt der 2014er Bhilar Plots Blanco von Bodegas Bhilar.

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Als „kuriose Cuvée“ charakterisiert Schwarzwälder den im 500-Liter-Holzfass biodynamisch ausgebauten Top-Tropfen aus 85 Prozent Viura- und 15 Prozent Garnacha-Blanca-Trauben. Zu den Highlights der Verkostung zählt sicherlich der 200 Monges (200 Mönche) Gran Reserva aus den Bodegas Vinícola Real. Aus dem Spitzenjahrgang 2001, zweieinhalb Jahre in französischer und US-Eiche gereift und Nach der Fassreifung weitere 40 Monate in der Flasche gelagert, zeigt sich der Wein kräftig und vielschichtig im Mund. Die Tannine sind sanft eingebunden, der Abgang lang anhaltend. „Es ist das Projekt eines durchgeknallten Freaks“, klärt Rioja-Aficionado Schwarzwälder auf. Ein wahrlich großer Rioja!

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Den Abschluss des Tastings bildet mit dem 1994er Montecillo Selección Especial Gran Reserva ein besonderes Schmankerl. Die Keller der 1874 gegründete Bodegas Montecillo zählen zu den Schatzkammern der Rioja. Backsteinfarben im Glas zeigt sich dieser außergewöhnliche Wein kraftvoll, komplex und würzig.

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Gut eineinhalb Stunden nach der Probe zeigen sich die Weine aus der Rioja im rund drei Gehminuten entfernten Kronenschlösschen als kongeniale Begleiter der Haute Cuisine von Drei-Sterne-Koch Sven Elverfeld. Seine komplette Küchen-Crew aus dem Aqua in Wolfsburg hat er in den Rheingau mitgebracht, um seine Kunst zu zelebrieren, zu dreizehnt sind sie angereist. Insgesamt tummeln sich fast 30 Köche hinter den Herden – kein Wunder, wollen die rund 160 Gäste doch auf nichts verzichten. „Es ist nicht einfach, für diese Personenanzahl in einer fremden Küche zu kochen“, sagt Küchenkünstler Elverfeld später.

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Damit lässt sich wohl am besten erklären, warum der zweite Gang „Kabeljau & Périgord Trüffel“ nicht den hohen Qualitätsanspruch des gebürtigen Hesse erfüllt, über den der Guide Michelin mit gutem Grund schreibt: „Was der passionierte Sven Elverfeld aus besten Zutaten kreiert, ist schlichtweg besonders und absolutes Spitzenniveau.“ Doch hier: Zu wenig Aroma bei den sonst so geschmacksintensiven Edel-Knollen, der Fisch ist nicht auf den Punkt gegart.

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Aber das ist die Ausnahme, die bekanntlich die Regel bestätigt. So lässt die „Bretonische Makrele – mariniert & gebraten“ handwerklich und sensorisch keine Wünsche offen. Im Gegenteil: Kombiniert mit gepickeltem Rettich, einem wunderbaren Savona-Senf und Kräuterschaum wird daraus ein subtil ausbalanciertes Tellerkunstwerk.Einer der drei begleitenden Weißweine ist ein Déjà-vu vom Nachmittag. Der Bhilar Plots Blanco 2014, laut David Schwarzwälder, der eloquent das Dinner moderiert „ein echter Freak“. Dank der Beschränkung der Erntemenge zugunsten der Qualität lassen sich aus einem Hektar nur 2000 Liter keltern. Gelesen werden nur die Schultern der Trauben. Das bedingt neben einer höheren Konzentration eine stärkere Pigmentierung und damit die dunklere Farbe im Glas.

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„Muscheln Bouchot & hell geschmorte Kaninchenkeule“ heißt der dritte Gang, der mit Curry-Safran-Fumet, mariniertem Fenchel, Pinienkernen und gepickelter Tomate zur gewagten Kombination wird. Doch nur auf dem Papier, denn was hier auf den Teller kommt, ist tiefste Harmonie: Alles passt zusammen, alles ist wohlproportioniert.Dazu als einer der beiden Begleiter der Remirez de Ganuza Reserva 2008 „einer der großen Stars der Riojas“ (O-Ton David Schwarzwälder). Kaum ein spanischer Wein wird in Tastings so oft mit einem Bordeaux-Cru Classé verwechselt. Kraftvoll-elegant zeigt er sich, stoffig und dicht mit einem herrlich ausgewogenen Verhältnis aus edlen Holznuancen und Frucht.

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Ein Lehrstück hoher kulinarischer Handwerkskunst ist auch der mit Heu gegarte Müritzer Lammrücken, der in Stängelkohl, Topinambur und Ricotta neue Freunde findet. Die Gourmandise endet mit „Shiso & Pflaume“ (s. Titelbild), eine wunderbare Geschmackskomposition, die dank Vanille, Kefir und weißer Schokolade in Form von Blumenkohl ein virtuoses Spiel mit Aggregatzuständen und Geschmacksnuancen darstellt. Den vinophilen Abschluss bildet nach neun Weinen aus der Rioja ein wunderbarer Tropfen von nebenan. Von der attraktiven Namensgeberin als einer der besten Jahrgänge der vergangenen 50 Jahre vorgestellt, entpuppt sich die 2007er Cuvée Katharina Riesling Auslese von der Weingut Georg Müller-Stiftung als kongenialer Begleiter.