Tim Raue sieht man seine harte Jugend in Berlin nicht an. Mit der berüchtigten Gang “36 Boys” zog er durch die Straßen im Kreuzberger Wrangelkiez. Weil ihm Berufsberater beschied, dass er bestenfalls Gärtner, Maler oder Koch werden könne, entschied er sich für eine Ausbildung hinterm Herd. Heute ist Tim Raue in der Hauptstadt längst eine Institution. 2007 kürte ihn der GaultMillau zum Koch des Jahres. Sein im Herbst 2010 eröffnetes gleichnamiges Kreuzberger Feinschmeckerlokal wurde vom Guide Michelin mit zwei Sternen und vom GaultMillau mit 19 Punkten ausgezeichnet.

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(c) Wolfgang Stahr

Mitte 2013 folgte das „Sra Bua by Tim Raue“ im Kempinski Hotel Adlon. Das Gourmetrestaurant bietet ein kulinarisch auf Thailand und Japan fokussiertes Konzept, das weltweit Teil der Kempinski-Hotelgruppe ist. Raue kehrte damit zurück an seine alte Wirkungsstätte. Von 2008 bis 2010 war er in der geschichtsträchtigen Luxusherberge am Brandenburger Tor kulinarischer Direktor des japanisch inspirierten „Uma“ und des chinesisch geprägten Restaurants „Ma“, das bereits nach wenigen Monaten mit einem Michelin-Stern gekürt wurde.

Auch „Sra Bua“-Küchenchef Daniel Lengsfeld ist ein alter Weggefährte, der ihm als Sous-Chef in seinem Gourmettempel in Kreuzberg zur Seite stand. „Man muss Talente auch neben sich wachsen lassen“, lautet Raues Credo, der sich im Sra Bua vor allem als Berater sieht.

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Die ambitionierte pan-asiatische Küche ist eine kulinarische Hommage an Thailand und Japan. “Lotosblütenteich” lautet die deutsche Entsprechung für das thailändische „Sra Bua“. In der asiatischen Symbolik steht diese Blüte für Reinheit, Perfektion und Kostbarkeit. Es ist unzweifelhaft ein ambitionierter Anspruch, genau diese Motive in einer neu interpretierten, von der europäischen Avantgarde beeinflussten asiatischen Küche widerzuspiegeln.

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Schon die Sashimi-Interpretation der Dorade zur Vorspeise zeigt, wohin die Reise geht. Der zuvor in einer dreiprozentigen Salzlösung eingelegte rohe Fisch wird mit der feinen Fruchtsäure einer eingeweckten Preiselbeere und der Schärfe von in Reisessig mariniertem Wasabi und in Reisessig eingelegtem Rettich kombiniert. Restaurantleiter Stefan Grill reicht dazu einen 2013er Riesling vom Badischen Topwinzer Martin Waßmer einen Begleiter mit kräftiger Säure.

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Einen hervorragenden Marigold Sake aus der japanischen Präfektur Saga gibt es zur Avocado, die mit Mangold und einer Mayo aus Sake, Mirin, brauner Butter, Dashi und Anchovis angerichtet wird. Darüber gehobelte Maronen und Buddha’s Hand-Zitrone.

Diese bizarr aussehende Frucht mit ihrem intensiv blumigen, frischen Duft und unglaublich frischen Aroma ist auch Bestandteil des gedämpften Schellfisches, der sensorisch mit Selleriepüree erweitert wird und durch Petersilien-Minzsaft sowie mit Muskatnuss abgeschmeckten Pankobröseln nobilitiert wird. Dazu ein wunderbar frischer und saftiger 2015 Little James Baskett Press von der Rhône aus Viognier- und Sauvignon Blanc-Trauben.

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„No Sushi“ heißt ein göttliches Gericht, das neben Buddha wohl auch Allah goutiert hätte: Sashimi von der Gelbschwanzmakrele mit Wasabi-Ingwer-Sorbet, Puffreis und Sushi-Reis-Creme, in grünem Tabasco eingelegten Gurkenkernen und Shiso-Blättern. Hier geht maximale Produktqualität die perfekte Liaison mit kulinarischer Inspiration ein.

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Das Freilandhuhn nach Yakitori-Art kommt gebraten und mit Yuzu-Salz gewürzt aufs edle Porzellan. Dazu Blumenkohl mit Kimchi und Creme aus geröstetem Blumenkohl sowie Grapfruit und rosafarbenem Sushi-Ingwer setzen die aromatischen Spitzen. Hier ist es das präzise getroffene Maß von Schärfe im Spiel der Aromen, das diesen Gang so besonders macht. Der 2012er Spätburgunder „Holzfass“ aus dem Weingut Battenfeld-Spanier bringt mit seiner zarten Eichenholznote und erdigen Würzigkeit die nötige Kraft mit, um diesem Gericht Paroli bieten zu können.

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Fast schon ein Klassiker von Tim Raue ist die kleine Thunfischpizza mit gelbem Rettich, die dank einer geradezu dezent gehaltenen Wasabi-Mayonnaise virtuos ausbalanciert wird.

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Auch beim Dessert wird das ABC der Aromen groß geschrieben: Hier geben sich Umeboshi-Chutney und -Püree mit Shiso-Gel, eingelegten Trauben, Karamellsauce und Nußbuttereis ein kulinarisches Stelldichein der Extraklasse. Das immer zuvorkommende und charmante Serviceteam reicht dazu eine Riesling-Spätlese von Rheingau-Winzer August Kessler.

Wer angesichts der reichhaltigen Auswahl Probleme hat, sich zu entscheiden, teilt auf thailändisch und ordert Ruam Gan. Dahinter verbirgt sich die thailändische Tradition, den Tisch randvoll mit Speisen zu füllen und das Essen zu teilen. 14 Gänge geben Einblick in das Aromen-Universum von Tim Raue und seinem Statthalter Daniel Lengsfeld sowie dessen hoch talentierten Sous-Chef Marcel Bornschein. Die Gourmandise ist angesichts ihrer Qualität überaus fair kalkuliert. Wer sechs Gänge mit Weinbegleitung genießt, zahlt nur 140 Euro.

www.srabua-adlon.de   www.kempinski.com

Fotos: Johannes Linster, Sra Bua by Tim Raue