Die Ausnahme-Musikerinnen Sol Gabetta und Hélène Grimaud verzauberten am vergangenen Sonntag das Publikum im ausverkauften Baden-Badener Festspielhaus.

Die Interpretation von Arvo Pärts „Spiegel im Spiegel“ ist pure Emotion. Grimaud und Gabetta streicheln ihre Instrumente förmlich, außerordentlich ergreifend ist das sanfte Spiel der Argentinierin. „Es gibt viele Erscheinungen von Vollkommenheit: alles Unwichtige fällt weg“, beschrieb Pärt seine Herangehensweise an sein 1978 geschriebenes Werk. Es ist ein musikalischer Rückzug ins Innere, für den sich die Reise nach Baden-Baden schon alleine gelohnt hätte. Die hervorragende Akustik im Festspielhaus unterstützt das Spiel der beiden Protagonistinnen, selbst in den hinteren Reihen lässt sich ihre kongeniale Interpretation ohne Einschränkung inhalieren.

Grimaud, Gabetta Titel Jan 2017_gabetta_grimaud_c_Michael Bode (2)
(c) Michael Bode, Manolopress

Die Superstars der Klassik verstehen sich ohne Blickkontakt. Nur zu Beginn eines jeden Stückes lächeln sie sich zu. Der Rest ist tiefste Verbundenheit, die sich im perfekten Zusammenspiel manifestiert. „Es geht um den Herzschlag, den Puls, den gemeinsamen Atem“, sagte Hélène Grimaud in einem früheren Interview. Hier wird es hör- und fühlbar. Ihr Spiel spiegelt ihr Wesen wider: Nachdenklich und tiefgründig Hélène Grimaud, die kürzlich den höchsten Verdienstorden Frankreichs verliehen bekam – impulsiv-weltoffen die Grammy-nominierte Sol Gabetta, gleichsam die Verkörperung ihres Vornamens. „Wir tragen uns gegenseitig in eine höhere Dimension“, stellten die Beiden nach ihrer ersten Zusammenarbeit im Jahr 2011 fest. Wie wahr!

(c) Michael Bode, Manolopress
(c) Michael Bode, Manolopress

Ohne dem Publikum die Chance zum Applaus zu bieten, schließen die Ausnahme-Musikerinnen Schumanns „Fünf Stücke im Volkston“ an, jetzt mit aufgerautem Timbre im Cello und aufgewühltem Klavieranschlag. Der „Stark und Markiert“ genannte fünfte Teil lässt Grimaud den gebührenden Raum, ihre Virtuosität zu zeigen. Sol Gabetta wiederum verzückt das Publikum in Claude Debussys Sonate in d-Moll. Scheinbar mühelos wechselt sie zwischen Streich- und Zupfintervallen.

(c) Michael Bode, Manolopress
(c) Michael Bode, Manolopress

Nach der Pause folgt die von Johannes Brahms ursprünglich für die Violine geschriebene „Sonate Nr. 1 G-Dur“. Sol Gabettas Interpretation auf ihrem Guadagnini-Cello von 1759 lässt zu keinem Zeitpunkt auch nur einen entfernten Gedanken an eine Geige aufkommen. Das argentinisch-französische Traumduo spielt sich in Trance, blind einander vertrauend, technische Grenzen gibt es nicht.

Der lang andauernde Applaus holt die beiden attraktiven Künstlerinnen gleich vier Mal auf die Bühne zurück: Chopin, Schostakowitsch und zweimal Manuel de Falla.